Sehr geehrte Redaktion!
Mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel „Die Übriggebliebenen“ von Antje Windmann und Guido Leinhubbert über die in Einsamkeit lebenden Senioren in Deutschland gelesen.
Ihre Redaktion hat mit Ihrem Artikel ein wichtiges Thema aufgegriffen, mit welchem ich mich auch in Teilen meiner Bachelorarbeit in der „Europäischen Medienwissenschaft“ an der Universität Potsdam beschäftigt habe. Ausgehend von der Einsamkeitsphilosophie Nietzsches und seiner Prophezeiung eines heraufziehenden Nihilismus habe ich mich mit medialen Äußerungsformen moderner Einsamkeit in unserer gegenwärtigen Gesellschaft auseinandergesetzt.
Schon Martin Buber wusste, dass die Kulturgeschichte eine Geschichte einer immer „kälter“ und „strenger“ werdenden gesamtgesellschaftlichen Einsamkeit ist. Die „Tötung Gottes“ durch die Unmenschlichkeiten der Weltkriege (die Nietzsche mit seinem berühmten Satz „Gott ist tot“ voraussieht) und ein alles und jeden zum Objekt degradierendes, diktatorisch agierendes Weltwirtschaftssystem haben den Menschen von heute in ein Zeitalter der unsteigerbaren Vereinsamung gestoßen.
Hiervon sind nicht nur die Millionen vereinsamten Rentner betroffen. In den Wohlstandgesellschaften hat sich die Einsamkeit längst zu einer pandemischen „Volkskrankheit“ entwickelt, die alle Schichten durchzieht: Familien verlieren an Bedeutung, zwischenmenschliche Bindungen werden auf ihren marktwirtschaftlichen Nutzen reduziert, Ein-Zimmer-Wohnungen und Kleinst-Abpackungen im Supermarkt sind populär (und teuer) wie nie. Zugleich sollen kostspielige Ratgeber, Dating-Plattformen und „soziale Netzwerke“ im Internet den Sprung aus der Verlassenheit organisieren — und treten sie tatsächlich erst recht fest.
In dieser Logik ist auch das in Ihrem Artikel beschriebene Phänomen der Alterseinsamkeit zu verstehen: Zusammen mit den unzähligen Singles, Großstädtern, Karrieristen, Straffälligen, Armen, Studierenden bilden die Rentner eine schweigende Armee von Vereinsamten, die sich mit Smartphones, Schnulzen — oder eben dem verzweifelten Druck auf den Notruf-Knopf ein bisschen Sozialersatz verschaffen. Eine solche „Gesellschaft“ wäre ihren Namen nicht mehr wert, sollte sie nicht rechtzeitig nach einer Neuen Gemeinschaftlichkeit rufen, ihr eigenes Menschsein wiederentdecken, sich endlich wieder als Kulturwesen mit Fähigkeit zu Liebe und Sozialität verstehen. Forderungen nach einem solidarischen Europa, neuen Formen des kollektiv organisierten Wirtschaftens und Entwürfe neuer Gesellschaftsmodelle in Philosophie, Kunst und Politikwissenschaft sind dabei hoffnungsvolle Schimmer am Himmel. Über diese neuen Konzepte würde ich gern mehr in Ihrem Heft lesen.
Herzliche Grüße,
Denis Newiak
Spiegel 21,Uli Hoeneß.
Herr Hoeneß war groß im Siegen,groß im Betrügen und groß in der Doppelmoral!
Das Foto zum Artikel ist vielsagend!!